Die Gründung des Johanniterordens, oder: wie ein Stück Brot die Geburt der Johanniter markiert

Geschrieben von: Joachim Rother

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Lesezeit 2 min

Wer hätte gedacht, dass der Ursprung einer der bekanntesten Ritterorden des Mittelalters mit etwas so Alltäglichem wie einem Backofen zu tun hat? Die spannende Geschichte der Johanniter beginnt nicht mit Schwert und Schild, sondern mit Pflege, Gastfreundschaft – und einem guten Stück Brot.

Von einem Hospital zur Ordensgemeinschaft

Die Anfänge des Johanniterordens reichen zurück bis ins 11. Jahrhundert, lange vor dem ersten Kreuzzug. In Jerusalem existierte bereits vor 1071 ein Hospital, das Pilgern Unterkunft und medizinische Hilfe bot. Diese Einrichtung wurde von Kaufleuten aus Amalfi gegründet und unter dem Namen "Santa Maria Latina" bekannt. Wenige Jahre später kam ein Nonnenkloster hinzu: "Sancta Maria Magdalena".


Als 1099 die Kreuzfahrer Jerusalem einnahmen, war das Hospital längst etabliert. Ein gewisser Gerhard, "ein Mann ehrwürdigen Lebens und festen Glaubens", leitete das Hospital zu dieser Zeit. Trotz der politischen Umwälzungen überlebte die Einrichtung und wurde sogar von den neuen christlichen Herrschern unterstützt.

Brot als Machtinstrument

Kurz nach der Eroberung Jerusalems schenkte Gottfried von Bouillon dem Hospital zwei Backöfen. Klingt trivial? Ganz und gar nicht. Backöfen waren im Mittelalter eine Einnahmequelle. Wer Brot backen wollte, musste dafür zahlen. Dass das Hospital nun eigene Öfen betrieb, zeigt, dass es rechtlich selbständig geworden war.

Diese Trennung von der ursprünglichen Gründerstruktur ("de Latine") markiert den entscheidenden Moment: das Hospital entwickelte sich zur eigenen Institution – dem späteren Johanniterorden.

Mittelalterlicher Brotofen; The J. Paul Getty Museum, Ms. 14, fol. 8v
Mittelalterlicher Brotofen; The J. Paul Getty Museum, Ms. 14, fol. 8v

Wer war Gerhard wirklich?

Gerhard wird oft als Gründer des Ordens bezeichnet. Das ist jedoch historisch nicht korrekt. Das Hospital existierte bereits vor seiner Leitung. Ein Papstprivileg nannte ihn "institutor" – also jemanden, der eine bestehende Einrichtung organisiert und leitet, nicht aber gründet (das wäre der "fundator").

Seine Bedeutung für die Institution bleibt dennoch immens. Als er 1120 starb, hatte er den Grundstein für eine stabile, anerkannte und gut ausgestattete Gemeinschaft gelegt.


Und was ist mit 1113?

Das oft genannte Jahr 1113 als "Gründung" des Johanniterordens bezieht sich auf ein Papstprivileg, das dem Orden Rechte wie Steuerfreiheit und die Wahl des eigenen Leiters zusicherte. Historisch bedeutsam, ja – aber keine eigentliche Gründung. Das Hospital war da längst ein eigenständiger Akteur.


Fazit: Ein Stück Brot, das Geschichte schrieb

Die Geschichte des Johanniterordens zeigt, wie aus einer kleinen Pflegeeinrichtung durch politische Klugheit, religiöse Umbrüche und materielle Absicherung eine mächtige mittelalterliche Institution wurde. Und wie zwei Brotöfen zum Symbol für diese Transformation wurden.


Für noch mehr spannende Hintergründe, historische Bilder und eine visuelle Tour durch das mittelalterliche Jerusalem, schau dir das dazugehörige YouTube-Video an, das am Ende dieses Artikels eingebettet ist.


"Den Irren erkennt man an der Freiheit, die er sich gegenüber der Beweispflicht nimmt, an der Bereitschaft, überall Erleuchtungen zu finden. "

Umberto Eco, Das Focaultsche Pendel

Literatur


  • Luttrell, Anthony T., The Hospitallers' Early Written Records, In: Luttrell, Studies on the Hospitallers after 1306 (2007), S. 135-154
  • Hiestand, Rudolf, Die Anfänge der Johanniter, In: Die geistlichen Ritterorden Europas (1980), S. 31-80
  • Burgtorf, Jochen, The Central convent of Hospitallers and Templars: history, organization, and personnel ; (1099/1120 - 1310), 2008.

Joey von MDVAL

Joey hat an der Uni Bamberg zur Geschichte des Templerordens promoviert. Er ist als Content Creator auf Twitch und Youtube unterwegs und hat im Jahr 2023 die Kleidermarke MDVAL Streetwear gegründet.

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