Tempelritter und die Bundeslade – Was steckt hinter dem Mythos?
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Kaum ein Thema sorgt in der Mittelalter-Community für so viel Stirnrunzeln wie die angebliche Verbindung zwischen den Tempelrittern und der biblischen Bundeslade. Angeblich sollen die Templer unter dem Tempelberg gegraben und den heiligsten aller Schätze Israels gefunden haben – das klingt nach Indiana Jones, ist aber tatsächlich ein weit verbreiteter Glaube in esoterischen und pseudowissenschaftlichen Kreisen. Doch wie viel Substanz steckt hinter dieser Geschichte?
Laut Bibel ein heiliger Schrein aus Akazienholz, der die Tafeln mit den Zehn Geboten enthielt. Sie war Zeichen des Bundes zwischen Gott und dem Volk Israel. Das Problem: Alles, was wir über die Bundeslade wissen, stammt aus religiösen Texten - archäologische Belege fehlen.
Nach der Zerstörung des ersten Tempels durch die Babylonier (587/586 v. Chr) verliert sich ihre Spur. Was mit ihr geschah, weiß bis heute niemand - perfekte Grundlage als für Spekulationen.
Die Templer werden rund 1500 Jahre nach dem Verschwinden der Lade gegründet – auf dem Gelände des ehemaligen Tempels in Jerusalem. Das allein genügt offenbar, um in späteren Jahrhunderten eine Verbindung zwischen beiden zu konstruieren. Faktisch gibt es jedoch:
Hier wird es spannend: Es sind nicht historische Quellen, sondern moderne Autoren wie Tobias Daniel Wabbel oder Graham Hancock, die diese Verbindung herstellen – auf Basis spekulativer Logik und fragwürdiger Quelleninterpretation. Beliebt sind dabei Argumentationsmuster wie:
"Die Quellen schweigen – also muss etwas vertuscht worden sein."
"Die Ordensregel der Templer erwähnt ein 'vollendetes Werk' – also muss das die Bundeslade gewesen sein."
"Templer waren in Jerusalem – die Lade auch mal – kann kein Zufall sein."
Diese Erzähltechnik beruht auf geografischer Nähe, interpretativer Willkür und emotionalem Storytelling – nicht auf geschichtswissenschaftlicher Methodik.
Ein weiteres Argument: Die Templer hätten in Bibel und Talmud gelesen und so den Verbleib der Lade lokalisiert. Problem: Die waren in aller Regel keine Gelehrten, sondern Krieger. Der Orden war nicht für seine Bildung bekannt. Im Gegenteil. Disziplin und militärische Organisation waren zentrale Elemente des Ordenslebens. Lesen und Schreiben waren keine Aufnahmebedingungen.
Es gibt etliche Hinweise auf bauliche Aktivitäten in den sogenannten Ställen Salomos, einer riesigen unterirdischen Halle unter dem Tempelberg. Ob diese von den Templern gegraben oder lediglich genutzt wurde, ist unklar. Echte archäologische Hinweise auf gezielte Schatzsuche fehlen.
Manche sehen in Darstellungen von Figuren mit Truhen oder Prozessionen, wie etwa hier in Saint-Denis, Hinweise auf die Bundeslade und die Templer. Doch weder tragen die Figuren erkennbare Templer-Symbole, noch ist klar, ob es sich um die Lade oder um Reliquien handelt. Hier wird viel hineininterpretiert – ohne belastbare Grundlage.
Der Mythos von der Bundeslade und den Tempelrittern ist ein Paradebeispiel für Konstruktionen aus geographischer Nähe, Quellenmangel und erzählerischer Lust am Geheimnisvollen. Historisch ist er nicht haltbar. Weder Quellen noch archäologische Funde belegen irgendeine Verbindung zwischen dem Orden und der Lade.
Malcolm Barber, The New Knighthood
Helen Nicholson, The Knights Templar: A New History
Max Küchler, Jerusalem - Ein Handbuch zur Heiligen Stadt